Flimmerkasten: „A long way down“

Es ist weder die beste Zeit, noch der beste Ort: Moderator Martin Sharp hat sich ausgerechnet die Silvesternacht und das beliebteste Selbstmord-Hochhaus in der Stadt ausgesucht, um sein Leben zu beenden. Keine gute Wahl. So dauert es nicht lange und drei weitere Verzweifelte stehen neben ihm: Jess, JJ und Maureen. Sie kommen ins Gespräch und beschließen einen Pakt. Sie möchten dem Leben noch eine Chance geben – sechs Wochen lang bis zum Valentinstag. Eine turbulente Zeit beginnt.

Wiedersehen mit „Breaking Bad“-Star
„A long way down“ ist die Verfilmung von Nick Hornbys großartigem und gleichnamigen Roman. Außer Pierce Brosnan, der den Moderator spielt, gehört Aaron Paul mit zu den Hauptdarstellern. Er wurde als Jesse in „Breaking Bad“ bekannt.

Sehnsucht nach Liebe
Der Film ist äußerst gut gelungen, er unterhält von Anfang bis Ende bestens. Es sind vor allem die vier unterschiedlichen Charaktere, die einem sowohl im Buch als auch auf der Leinwand unwahrscheinlich schnell ans Herz wachsen. Zum einen ist da Maureen (Toni Collette), die sich um ihren schwer behinderten Sohn kümmert, regelrecht aufopfert. Jess (Imogen Poots) kämpft mit ihrem herzlosen Vater und dem Verschwinden ihrer Schwester. Zerbrechlich ist sie, ihre Sehnsucht nach Liebe groß.

Eine Affäre zerstört alles
Auch die beiden Männer wissen nicht wohin mit sich und dem Leben: JJ flüchtet ständig vor sich selbst, wechselt schnell die Stadt, wenn Problem auftreten. Mit seinen Bands läuft es auch eher schleppend. Und dann ist da noch Martin, der als Moderator alles hatte: Geld, Ruhm, eine Familie. Bis er sich zu einer Affäre mit einer Minderjährigen hinreißen lässt – Gefängnis und Scheidung folgen.

Zusammen ist man weniger alleine
Einsamkeit und Depressionen: Diese schweren Themen belasten weder im Roman noch im Film. Humor und Einfühlsamkeit dominieren. Schnell wird klar: Die vier Verzweifelten sind zusammen weniger alleine. Am Ende wird alles zwar ein wenig emotional – aber auf eine sehr schöne Art. Ein perfekter Film gegen den November-Blues.

Schmöker: „High Fidelity“ von Nick Hornby

High

Was geht eigentlich in dem Kopf eines Mannes Mitte 30 vor? Diese Frage habe ich mir aufgrund einiger turbulenter Erfahrungen schon ganz schön oft gestellt. Dank „High Fidelity“ bin ich nun ein wenig schlauer. Ein großartiges Buch!

Schon vom ersten Satz an („Die ewige Top Five meiner unvergesslichsten Trennungen für die einsame Insel in chronologischer Reihenfolge:…“), war mir klar, dass ich diesen Roman von Nick Hornby lieben werde. Die Romanze hielt 315 Seiten bis zum letzten Satz („Heute Abend sehe ich, zum ersten Mal in meinem Leben, wie das geht.“).

Im Mittelpunkt des Romans steht Rob, ihm gehört ein eher mäßig laufendes Plattengeschäft, Musik liebt er über alles. Menschen, die einen schlechten Geschmack (Tina Turner, Billy Joel, Simply Read, Meat Loaf) haben, können eigentlich nichts taugen, denkt er. Sein größtes Problem ist aber, dass ihn gerade seine Freundin Laura verlassen hat. Eigentlich war er nicht gerade unsterblich verliebt. Als sie schwanger war, hatte er eine Affäre (Entschuldigung: „Ich wusste nicht, dass sie schwanger ist.“), aber jetzt, da Laura weg ist, naja, da wäre es eigentlich doch besser, sie wäre da. Erkenntnis Nummer 1: Männer brauchen auch Mitte 30 noch den Reiz und wollen immer genau das, was sie nicht haben können. Mann = Jäger.

Laura ist jetzt aber mit dem Nachbarn Ian zusammen. Sie zurückzubekommen, das ist kein einfaches Unterfangen. Warum er und nicht ich? Diese Frage stellt sich Rob nun oft. Um seine Trauer zu bewältigen, verbringt er eine Nacht mit Sängerin Marie. Dabei überkommen ihn große Versagensängste („Was ist, wenn mein Kopf im Pullover stecken bleibt?“). Erkenntnis Nummer 2: Männer können sich sehr wohl Gedanken über ihr eigenes Verhalten machen. Ob das immer zu sinnvollen Schlussfolgerungen führt – das sei dahin gestellt.

Um Laura zurückgewinnen, entwickelt Rob verschiedene Strategien. Das geht vom Telefonterror bis hin zum Aufspüren seiner alten Ex-Freundinnen, um zu verstehen, wo seine Fehler liegen. Erkenntnis Nummer 3: Manchmal ist alles ganz anders, als es den Anschein machte. Und manchmal ist es im Rückblick einfach verdammt viel besser, dass die ein oder andere Beziehung scheiterte – auch wenn die Tränen damals reichlich flossen.

Obwohl „High Fidelity“ bereits 18 Jahre alt ist, war es mir streckenweise, als würde ich ein Roman aus meiner heutigen Lebenswelt lesen. Die Probleme sind wohl einfach immer dieselben. Verwaschene Unterhosen, die im Laufe einer Beziehung plötzlich auftauchen. Anstrengende Gespräche auf Partys. Die Leidenschaft für den Job, Unverständnis für Menschen, die das nicht nachvollziehen können. Robs Erfahrung mit seinen Eltern. Und seine Ausführungen, dass manche Frauen für eine Beziehung Freunde eklatant vernachlässigen – alles schon erlebt.

Nick Hornby schreibt herrlich amüsant, interessant und abwechslungsreich. Es macht großen Spaß diesen Roman zu lesen. Und liebe Männer: Mit Mix-Tapes kann man auch heute noch das Herz von Frauen ganz leicht erobern. Alternativ auch mit Mix-CDs oder Playlists. Zig solcher Mix-Teile habe ich von einem meiner ersten Freunde noch in meinem Regal liegen und muss jedes Fall, wenn sie mir in die Hände fallen, schmunzeln. Damals war Samy Deluxe noch umgeben von Tropf und DJ Dynamite und Max Herre trat mit seinem Freundeskreis auf die Bühne. Ein Hoch auf solche Erinnerungen.